Montag, 7. September 2015

Landesverbände informieren ­gemeinsam

von Jenny Dusche

Das Versorgungsstärkungsgesetz enthält einige Änderungen, die Therapeuten seit Jahren fordern. Wichtige Kernprobleme – wie die geringe Vergütung und die sinkende Attraktivität des Berufes –
blieben jedoch unangetastet. Über die Einzelheiten des Gesetzes informierten die Landesverbände Baden-Württemberg von PHYSIO-DEUTSCHLAND und VPT in einer gemeinsamen Veranstaltung.

 
Am 12. Juni 2015 verabschiedete der Deutsche Bundestag das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz. Inzwischen haben die Berufsverbände die Auswirkungen des Gesetzes für Physiotherapeuten analysiert. Fazit: Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz hat positive Tendenzen, löst aber nicht das Kernproblem der zu geringen Vergütung für physiotherapeutische Leistung und die sinkende Attraktivität des Berufes.
Worum es geht
Das Gesetz trat Ende Juli in Kraft. Die Verbände informierten also topaktuell. Die Landesvorsitzenden Michael N. Preibsch (Deutscher Verband für Physiotherapie) und Raymond Binder (VPT) legten detailliert dar, in welchen Punkten das neue Gesetz Auswirkungen auf die Physiotherapie hat. Diese sind:
  • die Möglichkeit der Verordnung von Heilmitteln im Rahmen der Entlassung des Patienten aus dem Krankenhaus oder der stationären Reha
  • die Einführung einer Arztsoftware, die Fehler bei der Ausstellung von Heilmittelverordnungen ausschließt
  • die Verpflichtung der Krankenkassen, mit den Berufsverbänden über die Vorgaben für die notwendigen Angaben auf Heilmittelverordnungen sowie Prüfpflichten Vereinbarungen zu treffen
  • die Einrichtung eines sogenannten Innovationsfonds, um neue Versorgungsformen zu erproben und Versorgungsforschung zu ermöglichen
  • die bundesweite Angleichung der Heilmittelpreise
Gleich zu Beginn der Veranstaltung wurde deutlich, welch hoher Informationsbedarf auf Seiten der Teilnehmer bestand. Viele Redebeiträge und Fragen aus dem Publikum zeigten, wie wichtig es war, die Themen des Gesetzes in einer Veranstaltung aufzugreifen. Besonders das Thema „Neue Arztsoftware“ stieß auf großes Interesse der Anwesenden – kein Wunder, wird dadurch doch endlich jeder Physiotherapeut von der derzeitigen Prüfpflicht entbunden: Ab 1. Januar 2017 werden alle verschreibenden Ärzte verpflichtet sein, eine zertifizierte Software einzusetzen, die künftig Formfehler bei der Ausstellung von Verordnungen im Vorhinein prüft. Die Enttäuschung der Teilnehmer, dass bis dahin noch eineinhalb Jahre ins Land gehen, versuchte Preibsch zu lindern und erklärte, dass die Software erst entwickelt und erprobt werden müsse. Dies beanspruche nicht wenig Zeit.
Weiter Handlungsbedarf
Binder und Preibsch machten keinen Hehl daraus, dass trotz der positiven Tendenzen des Gesetzes, einige unserer wichtigsten Forderungen nicht aufgegriffen oder zugunsten anderer Themen wieder fallengelassen wurden. So zum Beispiel die Abkopplung der Preisverhandlungen mit den Kassen von der Grundlohnsumme. Dass sich die Verbände hier mit ihrer Forderung nicht durchsetzen konnten, sei umso ärgerlicher, als es eine Zusicherung aller Parteien im Vorfeld gab, die Grundlohnsumme endlich zu kippen. Binder betonte jedoch, dass das GKV-VSG insofern ein Meilenstein sei, als ihm jahrelanger Stillstand voraus ging. „Unsere Forderungen, zum Beispiel bezüglich einer höheren Vergütung, mehr Autonomie, einer Modernisierung der Ausbildung und einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen bleiben bestehen – hier müssen wir weiter kämpfen. Mit dem GKV-VSG ist aber endlich ein Stein ins Rollen gekommen. Allein das ist ein positives Signal, nachdem jahrelang nichts passiert ist.“
Gemeinsamkeit kommt an
Dass sich beide Verbände zu einer Veranstaltung zusammengetan haben, wurde von einer Teilnehmerin lobend hervorgehoben: „Die Verbände sollen endlich – wie heute hier – gemeinsame Sache machen und die Interessen von uns Therapeuten gemeinsam vertreten.“ Der Redebeitrag erntete großen Applaus. Binder und Preibsch betonten, dass es auch in Zukunft gemeinsame Veranstaltungen geben werde – beispielsweise das Politikergespräch vor den Landtagswahlen im Rahmen des physiokongresses oder der gemeinsame Messeauftritt auf der therapro. „Es muss uns als Verbänden aber auch erlaubt sein, in politischen Fragen über den besseren Weg zu streiten“, ergänzte Preibsch. Ein Punkt, bei dem die politischen Strategien der Verbände auseinander gingen, sei beispielsweise das Blankorezept. Während die VPT-Bezirksgruppe Berlin-Brandenburg mit der IKK Brandenburg und Berlin derzeit ein Modellvorhaben zum Blankorezept durchführt, äußert Preibsch Bedenken: „Für mich ist es keine Frage, dass uns das Blankorezept kompetenzmäßig zusteht – in der Umsetzung sind aber viele Punkte derzeit noch ungeklärt. Für mich ist es wichtig, diese Fragen vorab zu klären, damit es am Ende kein böses Erwachen gibt.“
Vorträge in den Regionen
Aufgrund des Erfolges der Veranstaltung werden beide Verbände, wenn es sich anbietet gemeinsam, weitere Informationsveranstaltungen zum GKV-VSG vor Ort in den Regionen abhalten. Interessierte können sich bei den Geschäftsstellen und im Internet informieren.
Jenny Dusche, Pressestelle Deutscher Verband für Physiotherapie, LV Baden-Württemberg 

VPT-STANDPUNKT
Durch das GKV-Versorgungsstärkungs­gesetz wird erstmals im Heilmittelbereich eine ­ gesetzliche ­Maßnahme zur Anhebung der Heilmittelpreise umgesetzt. Diese Neuregelung ist sehr erfreulich, ­ wenngleich sie bedauerlicherweise nicht für alle Bundesländer die gleiche ­Wirkung haben wird. In Baden-Württemberg, Bayern oder im Vertragsgebiet Nordrhein werden die ­Auswirkungen beispielsweise leider überschaubar bleiben. Aber insbesondere in den ostdeutschen B­undesländern wird es in den Jahren 2016 bis 2021 zu spürbaren Preissteigerungen ­kommen, was der VPT ja schon sehr lange auf seiner Agenda hatte.

Quelle: VPT Magazin, Nr. 02/2015 Ausgabe SEPT

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.